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„Hafenfäule, Lernen und der Sonderweg“ neuLand 04

  • Anika Albert 20.04.2021

Der schwedische „Sonderweg“: Die schwedischen Kinder in Kindergarten und Grundschule werden die ganze Woche ,der „PLANdemie“ zum Trotz, über weiter in der Schule unterrichtet. Erst am Wochenende kamen wieder einheimische Kinder auf den Campingplatz so dass es unter der Woche recht ruhig, fast schon zu ruhig für unseren Geschmack zuging. 

Es gibt in Schweden eine Vielzahl an Schulen, denn praktisch jeder darf hier eine Schule gründen. Eine Privatschule wie beispielsweise eine Waldorfschule oder Montessori Schule kostet, verglichen mit Deutschland, neben den Steuern kein Geld, denn die Schweden sehen dies als eine Bereicherung des Schulangebotes an und fördern dieses ebenso wie staatliche Angebote. So haben wir auch  herausgefunden, dass man als Eltern eine freie Wahl der Schule hat denn sie ist nicht Wohnort gebunden wie bei uns Zuhause. Möchte ich mein Kind beispielsweise in eine 30km entfernte musisch orientierte Schule oder privat Schule bringen, so ist das ohne bürokratische Hürden möglich. Die Kinder werden morgens mit dem Schulbus am Wohnhaus abgeholt, in manchen entlegenen Häusern werden die Kinder auch mit dem Taxi, kostenfrei zur Schule gebracht. Es fällt nicht nur bei Schulen deutlich auf, dass die Steuergelder direkt dem Volk zugute kommen. 

Auf der Reise fällt ebenso positiv auf, dass auch Rastplätze in der Regel sehr sauber und gepflegt sind. Es befinden sich immer Picknickbänke vor Ort an schönen Plätzen etwas von der Strasse entfernt, es gibt saubere (gratis) Toiletten mit Toilettenpapier. Auch in den Städten gibt es sehr zahlreiche schöne Spielplätze, Grillplätze mit getrocknetem Feuerholz und und und…..

Auswanderer in Telegram Foren berichten entsprechend begeistert über das Leben hier, und dass sie ihre Entscheidung bis heute nicht bereut haben. Dieser Beitrag eines deutschen Auswanderers ist uns besonders positiv aufgefallen:

„Wer nicht wagt, der nicht Gewinnt!

Wir haben gewagt und viel mehr als gewonnen!

3 glückliche Kinder mit eine Kindheit, wie man sie nur bei Pipi Långstrump und Emil från Lönneberga findet, einer Kindheit die wir unseren Kindern so, nie in Berlin hätten bieten können!

Nun sind sie Schweden und wir mit Ihnen!

Danke das wir es gewagt haben,…“

Es freut mich, dass hier in diesem Land schon viele Menschen ihr persönliches Glück gefunden haben.

Die Kommunikation mit schwedischen Kindern ist für Talis eine Herausforderung. Wir sind sehr stolz auf unseren Sohn, denn er hat mit den wenigen Sätzen die er auf schwedisch und englisch sprechen kann mit kleiner „Anschubhilfe“ mit fremdsprachigen Kindern Kontakt geknüpft und ist mit ihnen vergnügt auf dem Trampolin herumgesprungen. 

Beim Spielen lernten wir von den Kindern schon die Zahlen 1 bis 10 auf schwedisch und so hörten wir auch gleich die richtige Aussprache und Betonung der Wörter. Schwedisch klingt ein bisschen so wie eine Ursuppe aus einem alten deutschen Dialekt vermischt mit englischen Wörtern. Zum Beispiel  ein einfach zu verstehender Satz: „vill du spela“  willst du spielen oder „vill du inte äta äppeln? Willst du keine Äpfel essen? Mit Hilfe eines schwedisch Lernprogramms prägen wir uns immer wieder ein paar neue Phrasen ein um mit den großen und kleinen Menschen in Kontakt zu kommen. Gestern bestellten wir Pizza und aßen sie auf der Terrasse des Lokals. Wir sagten „Har du pizza? Jag vill beställa en Pizza“. Hast du Pizza? Ich will eine Pizza bestellen:-) 

Die Schweden sprechen sich übrigens mit dem Vornamen an und duzen sich direkt. Es fühlte sich so herrlich normal an und die schwedische Servicekraft war besser zu verstehen als das deutsche Genuschel unter den Masken 🙂 

Unseren Sohn so ausgelassen herumspringen zu sehen, mit anderen Kindern die nicht die selbe Sprache sprechen, macht uns glücklich. Wir freuen uns über seinen Mut den er aufbringt auf die Kinder zuzugehen und sich auch mit Händen und Füßen zu verständigen. Lernen im Leben. 

Wir müssen hier keine Angst haben dass das „Ordnungsamt“ den Spielplatz kontrolliert oder Denunzianten spielende Kinder und quatschende Eltern verpetzen. Ich unterhielt mich mit einer schwedischen Mutter am Rand des Trampolins über die Situation hier, erzählte ihr von Deutschland und dem Umgang mit den Kindeswohl gefährdenden Maßnahmen in den deutschen Schulen mit  Abstand, Maske, Testpflicht und Co. Sie verzog nur die Augen und sagte mir das man doch „die Abstandsregeln“ bei den Kindern gar nicht umsetzten könne. 

Ich habe hier noch kein einziges Mal Kinder gesehen die bewußt Abstand hielten oder schon dieses „pathologisches Verhalten“ entwickelt hätten. In Deutschland hingegen spielte sich dieses Verhalten täglich direkt vor unserer Haustür ab. Das sich die Regierung an den jüngsten unserer Gesellschaft vergreift, ihnen völlig unverhältnismäßig die Unbeschwertheit ihrer Kindheit raubt, sie zu unmenschlichem Verhalten zwingt, ja sie als ansteckend und als Virenschleuder beschuldigt ist ein schweres Verbrechen. Ich bin noch immer sehr bestürzt ja regelrecht fassungslos wie viele Eltern in Deutschland, durch Zahlen und Statistiken erzeugte Angst und regelrechte Hypochondrie, weiterhin ihre Kinder in diesem „System“ belassen. Meine Gedanken sind wieder einmal in der Heimat.

Um die „alte“ verlorene Freiheit weiter zu geniessen buchten wir Tickets für den großen Skane Tierpark in der Stadt Höör 80km von Simrishamn, online vor und freuten uns riesig mal wieder einen Ausflug mit Talis in einen Park unternehmen zu können. Dort angekommen fuhren bereits die ersten Reise-Busse mit Schulklassen vor. Die Kinder liefen laut lachend, zwei und zwei sich an den Händen haltend zum Eingang des Parks. Die Lehrer trugen weder Masken noch legten sie Wert auf Abstand. Die Lehrer und Schüler freuten sich auf das bevorstehende Erlebnis.

Eine sehr lange und geschwungene abenteuerliche Hängebrücke führt in den Baumwipfeln durch den Wald. Wir konnten von hieraus viele nordische Tiere beobachten wie den Fuchs, die Wildkatze, Bären, Rehe, Hirsche, Elche, Rentiere und viele mehr. Auf einer Anhöhe gab es einen Imbiss bei dem wir ein leckeres vegetarisches Schnitzel mit Pommes aßen. Im Park gibt es auch viele Homo Sapiens zu sehen die die Schilder „Hal Avstand“ offensichtlich nicht zu wörtlich nehmen. 

„Hafenfäule“ nennen es Reisende die mit dem Boot unterwegs sind, wenn es an der Zeit ist den Hafen mal wieder zu verlassen um neue Abenteuer zu erleben.

So ähnlich erging es uns nach über zwei Wochen in Simrishamn an unserem herrlichen Plätzchen direkt an der Ostsee. Wir waren hin und her gerissen ob wir nun länger bleiben oder doch abreisen sollten.  „Should i stay or should i go??“ 

Wir entschieden uns nach längerem Hin und Her, welches ein Symptom der beginnenden Hafenfäule ist, für das Weiterziehen. Doch bevor wir uns am Morgen auf den Weg begaben, nutzten wir die Gelegenheit nach dem Frühstück gemeinsam Schule zu machen. Travelschooling statt Homeschooling.

SEID HERZLICH GEGRÜSST

ANIKA

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